Geimpft, genesen – von wegen! Kaum eine Diskussion erhitzt derzeit die Gemüter derart, wie die Frage nach einer deutschlandweiten Impfpflicht.
In Krankenhäusern und Pflegeheimen wurde eine sogenannte „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ bereits beschlossen und soll ab dem 15. März greifen. Ähnlich der Masernimpfpflicht kann dann nur noch im Gesundheitswesen arbeiten, wer eine vollständige Impfung vorweisen kann. Zwischen 10 und 15 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen können oder wollen dies aus den unterschiedlichsten Beweggründen jedoch nicht. Dennoch sollen sie von ihren jeweiligen Arbeitgebern am 15. März den Gesundheitsämtern gemeldet werden. Was dann geschieht, liegt in der Hand des jeweiligen Gesundheitsamtes.
„Es ist davon auszugehen, dass die Gesundheitsämter im Auftrag des Gesetzgebers den Impfstatus der Gemeldeten anfragen und eine Frist zur Vorlage des Impfnachweises festsetzen müssen. Verstreicht diese Frist ungeimpft, so könnten die Beschäftigten gemäß Gesetz ein Zutrittsverbot zu ihren Arbeitsplätzen erhalten“, erklärt Hans-Peter Schlaudt, Geschäftsführer der Klinikum Hochrhein GmbH im südbadischen Waldshut. Was das für den Klinikbetrieb bedeuten würde, ist für Schlaudt klar. „Wir riskieren die flächendeckende medizinische Versorgung!“
Denn auch in Waldshut sind von rund 850 Mitarbeitern knapp 15 Prozent ungeimpft. Die Berufsgruppe der Pflege stellt hierbei den größten Anteil dar. „Die Beweggründe sind ganz unterschiedlich. Einige warten auf einen anderen Impfstoff, andere haben grundsätzliche Bedenken und manche haben einfach Angst oder lehnen die staatliche Bevormundung und den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ab. Für uns als Arbeitgeber spielt das grundsätzlich keine Rolle, denn es geht uns schlichtweg nichts an. Egal wie man zum Impfen steht, am Ende ist es auch eine persönliche Entscheidung“, so Schlaudt und weiter: „Gerade die Pflege hat in den vergangenen zwei Jahren Außerordentliches geleistet, an dieser Berufsgruppe ein Exempel statuieren zu wollen und damit die Funktionsfähigkeit der Kliniken in Frage zu stellen ist kontraproduktiv. Wir reden hier immerhin von einem Bereich, wo das Risiko der Virusübertragung durch Schutzvorkehrungen wie Schutzkleidung, regelmäßige Händedesinfektion und FFP2-Masken deutlich reduziert ist.“
Der Geschäftsführer der Klinikum Hochrhein GmbH sieht auch ein weiteres großes Problem, das speziell seine Region betrifft, denn die Nähe zur vermeintlich attraktiveren Schweiz zieht bereits heute Arbeitskräfte ab. „In der Schweiz ist die Impfpflicht bislang kein Thema, sodass davon auszugehen ist, dass wenn wir unsere ungeimpften Mitarbeiter nicht weiter beschäftigen dürfen, diese 15 km weiter ohne Probleme einen Job finden werden.“
Weniger Pflegekräfte bedeuten im Umkehrschluss, dass Leistungen runtergefahren und Stationen geschlossen werden müssen. Ein Szenario, das unweigerlich alle Patienten betreffen würde. „Ohne Pflegekräfte kann der Krankenhausbetrieb nicht in dem erforderlichen Maß aufrechterhalten werden – dies führt zwangsläufig zu einer geplanten Triage aus Ressourcenmangel. Diese Triage trifft am Ende jeden Patienten, wäre absolut vermeidbar und steht in keinem Verhältnis zum Nutzen der Impfpflicht“, so Schlaudt und weiter: „Bereits heute können die wenigsten Krankenhäuser ohne Arbeitnehmerüberlassungen auskommen, diese Zusatzkosten werden nicht refinanziert und erzeugen im Falle unserer Klinik 90 Prozent des Defizits. Ein unhaltbarer Zustand. Wir sprechen hier von Kosten, die immer weiter explodieren. Wir sollen als Kliniken funktionieren, dabei wirtschaftlich sein und genügend qualifizierte Mitarbeiter binden – doch der hierfür notwendige Rahmen wird uns immer weiter genommen. Über diesen Sachverhalt wird zwar gesprochen, aber wo sind die Taten, die diesen Worten folgen?!“
Für Schlaudt steht daher fest: Er wird sich gegen ein mögliches Berufsverbot der Ungeimpften am Klinikum Hochrhein wehren. „Ich bin mir im Klaren darüber, dass man derzeit auch mit so einer Aussage Gemüter erhitzt. Die sogenannten Querdenker werden davon ausgehen, dass ihre Sparziergänge erfolgreich waren und die geimpften Bürger werden in Frage stellen, wie eine Pflegekraft überhaupt auf die Idee kommen könnte, sich nicht impfen zu lassen. Ersteres ist Blödsinn und letzteres darf keine Rolle spielen. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, anders zu agieren, denn als systemrelevantes Versorgungskrankenhaus müssen und wollen wir für alle Patienten zu jeder Zeit eine funktionierende stationäre Notfallversorgung anbieten. Um es auf den Punkt zu bringen: Was ist ihnen lieber? Eine Triage in der medizinischen Versorgung, oder die medizinische Versorgung ohne vollständige Impfung?“
Dass die Entscheidung, wer am Ende in seiner Klinik tätig sein wird, nicht in seinen Händen liegt, darüber ist sich der Klinikgeschäftsführer bewusst. „Wir sehen in Bayern und im Saarland, dass die Politik bereits zurückrudert. Ich habe daher große Hoffnung, dass dies auch in anderen Bundesländern passieren wird.“